Am 26. April 1931 wurde das Gasthaus Willers an der Ammerländer Straße 63 mit einem Gemischtwarenladen eingeweiht und in Betrieb genommen.
Die erste Gastwirtschaft in Westerholt eröffnete bereits Hinrich Anton Willers im August 1863 an der Ammerländer Straße 61. Zuvor mussten 25 Westerholter Bürger durch ihre Unterschrift belegen, dass sie eine Gastwirtschaft in Westerholt haben möchten. Die Konzession erteilte daraufhin das Amt Oldenburg. Nebenher betrieb man einen Kolonialwarenladen.
Nach Hinrich Anton Willers übernahm sein Sohn Heinrich Diedrich Willers um 1890 die Gastwirtschaft und Handlung und dazu die Landwirtschaft, die in früheren Jahren einmal die Haupterwerbsquelle gewesen war.
Um die Jahrhundertwende erlangte die Gastwirtschaft immer mehr Bedeutung. Vereine gründeten sich wie der „Pfeifenklub Blaue Wolke“ 1904, der Gesangverein „Sängerrunde“ 1909 oder der erste Kegelverein auch aus dem Jahre 1909. Man traf sich in geselliger Runde. Auch wurden regelmäßige öffentliche wie auch vereinsinterne Veranstaltungen durchgeführt, wie wir aus einem Genehmigungsbuch der Gastwirtschaft Willers von 1908 – 1928 entnehmen können.
Bevor Heinrich Diedrich Willers junior, der Bauherr des neuen Gasthauses Willers, die alte Gastwirtschaft mit Handlung übernahm, hatte er bis 1914 in Oldenburg den Beruf des Kaufmanns gelernt. Er nahm als Soldat am ersten Weltkrieg teil. Nach Ende des Krieges kam er aus der Kriegsgefangenschaft zurück und arbeitete im elterlichen Geschäft und bereitete den Neubau der neuen Gastwirtschaft vor. Kurz vor der Eröffnung des neuen Betriebes, am 15. April 1931, heiratete er Luise Meyer aus Achternmeer.
Mit dem Bau des neuen Gebäudes wurde 1930 begonnen. Alle Arbeiten führten hiesige Handwerker aus. Es wird berichtet, dass einige Handwerker noch Geld mitbringen mussten, weil seinerzeit schon in Westerholt das Bier und der Wardenburger (Klarer mit einem Zuckerwürfel) vorzüglich schmeckten.
Nach Fertigstellung der Gastwirtschaft, der Klubräume, des Saals, der Kegelbahn, der Küche, des Ladens und einer geräumigen Wohnung war am 26. April 1931 Einweihung und Eröffnung zugleich.
Die örtlichen Vereine wie Gesangverein, Kegelvereine, Junggesellenklub, Jäger- und Fahrradradverein fanden jetzt ein modernes, nach neuestem Stand gebautes Vereinslokal vor.
Alte Ansichtskarte des Gasthauses Willers, ca. 1950.
1936 baute man ein Nebengebäude für Eisenwaren, Garagen und einen Schweinestall. Die Schweine wurden gehalten, um im Winter die vielen Kohlfahrtgäste mit Speck, Pinkel und Kochwurst aus eigener Aufzucht und Schlachtung zu versorgen.
1939, als der Krieg begann, wurden viele Männer zum Militär eingezogen, so auch der Gastwirt Heinrich Willers. In dieser Zeit übernahm die Ehefrau Luise Willers die Führung des Geschäftes, bis ihr Mann nach einem schweren Unfall Ende 1940 vom Militär entlassen wurde.
Wirtin Luise Willers mit Gästen, Kriegswinter 1940, v. l.: Hermann Brockmann, Hermann Schrader, Friedrich Bohlen, Luise Willers, Opa Heinrich Stöver, auf dem Schoß Heinz Willers, Willi Willers, Gerhard Martens und Karl Mehl.
Das Gebäude überstand den 2. Weltkrieg verhältnismäßig gut. Einmal zerstörte eine Luftmine einen großen Teil der Fensterscheiben.
In den Kriegsjahren war in der Gastronomie nicht viel los. Vereine wurden vom Staat verboten oder sie lösten sich freiwillig auf, weil keine Mitglieder mehr vorhanden waren. Zu trinken gab es nur Punsch, Brause und dünnes Fliegerbier. Einen Teil der Klubräume und des Saals wurden mit Flüchtlingen belegte.
Am Ende des Krieges im Jahr 1945 besetzten die Kanadier, Engländer und Amerikaner das Lokal. Sie zerstörten nicht viel, doch einige Andenken der Vereine wie Bierkrüge, Bilder usw. wurden von ihnen mitgenommen.
Nach Kriegsende begann sich das Leben für die Gastwirtschaft allmählich zu normalisieren.
Am 16. März 1946 veranstaltete die Familie Heinrich Willers den ersten öffentlichen Ball nach dem Krieg. Beginn: Sonntagnachmittag um 15:00 Uhr, Ende um 19:00 Uhr, Eintritt 1 RM. Für Musik sorgten Heinz Ripken und drei Kollegen für insgesamt 100 RM.
1946 gründeten die Westerholter Mädchen und Jungen den „Ollnborger Kring, Affleger Westerholt“. Man baute eine Tanzgruppe unter Leitung von Elisabeth Runge auf und eine Theatergruppe für plattdeutsche Stücke unter der Leitung von Erich Martens. Später gründeten die Kringleute auch einen gemischten Chor unter Leitung von Gustav Martens.
Kegelklub „de Oolen“ auf der Kegelbahn, 1964, hintere Reihe v. l.: Heinrich Stöver sen., Friedrich Wellmann, Heinrich Bruns, August Speckmann, Gustav Oeltjebruns, Arthur Wellmann, vordere Reihe v. l.: Paul Schammler, Heinrich Willers sen., und Friedrich Krumland.
„De Oolen“, 1964, v. l.: Karl Mehl, Gerhard Martens, Heinrich Bruns, Friedrich Krumland, Arthur Wellmann, Edmund Gauer, Heinrich Willers, August Speckmann, Paul Schammler, Gustav Oeltjebruns, Heinrich Stöver, Friedrich Wellmann.
Auf der Kegelbahn 1964, v. l.: Heinrich Stöver, Arthur Wellmann.
Der Gesangverein rief seine Mitglieder zusammen und man begann wieder unter der Leitung des Dirigenten Herrn Lehrer August Runge zu singen.
Auch der Junggesellenklub „Flotte Jungs Westerholt“ unter Leitung von Hilko Kuper organisierte sich neu mit neuen Statuten und Vereinsfahne. Sie trugen jetzt einheitlich ein weißes Hemd, eine schwarze Fliege und einen Zylinder.
In den Jahren 1946 bis 1948 gab es noch keinen Alkohol zu kaufen, den selbstgemachten Schluck brachten die Gäste und Vereinsmitglieder mit.
1948 nach der Währungsreform erlebten die Gaststätten und auch das Vereinsleben neuen Aufschwung. Im Herbst 1948 gab’s die erste Zuteilung von frei zu kaufendem Schnaps. Heinz Willers war in der glücklichen Lage, nach dem Kriege die ersten fünf Flaschen blanken Gins in einer Einkaufstasche von Oldenburg nach Westerholt zu bringen, natürlich für harte DM.
1949 veranstaltete der Junggesellenklub „Flotte Jungs“ das erste Bundesjunggesellenfest nach dem Krieg in Westerholt, das sich alle 4 Jahre wiederholte. Der Westerholter Kring veranstaltete Erntebälle, Theateraufführungen und gemütliche Abende. Auch der traditionelle Sängerball fand jedes Jahr statt.
Die Jäger holten allmählich ihre versteckten Schrotflinten wieder aus der Ecke und so mancher Abend wurde mit Kartenspielen und Jägerlatein im Gasthaus Willers verbracht.
Ab 1950 gab es auch wieder Kohlfahrten mit Kohl und Pinkel, für einen soliden Preis. Ein komplettes Essen mit Nachtisch kostete 2,50 DM pro Person. Bei den Kohlfahrten war es früher üblich, dass die gesamte Belegschaft einer Firma feierte. Von vielen, vielen Kohlfahrten im Gasthaus Willers sind die mit den Männern des Schlachthofs Oldenburg hervorzuheben. Die Schlachthofleute marschierten fast jedes Jahr von Kreyenbrück mit einer fünf Mann Blasmusik Kapelle nach Westerholt, nur Männer. Die Frauen wurden aus dem schönen Westerholt besorgt; nur für einen Abend natürlich. Wenn die Stimmung dann ihren Höhepunkt erreicht hatte, standen die Musiker auf den Tischen und spielten.
Auch vereinzelte Hochzeiten und Familienfeiern wurden wieder abgehalten.
1934 war das erste Bundessängerfest in Westerholt, 1954 folgten nach dem Krieg das nächste Bundessängerfest mit Kommers im Saal und Singen unter Wellmanns Eichen.
1956 erweiterte man den Laden. Das Nebengebäude wurde mit dem Hauptgebäude verbunden, so entstand eine wesentlich größere Geschäftsfläche.
Der Gesangverein feierte im Dezember 1959 sein 50-jähriges Jubiläum mit vielen Gästen im Saal.
Der lange Tresen in Willers Saal, Hochzeit 1961.
Willers Saal, festlich geschmückt, Goldene Hochzeit von Gerhard und Anna Martens, 1961.
Eine Musikkapelle durfte früher auf einer Feier nicht fehlen, 1961. V. l.: Georg Lachmann, Herbert Wnuck, Erwin Westendorf und Georg Wöbken.
Am 1. Juli 1962 verpachtete Heinrich Willers das Geschäft an seinen Sohn Heinrich (Heinz) und dessen Ehefrau Marlene.
Die älteren Frauen an einem Tisch, v. l.: Emma Wille, Martha Martens, Anni Wellmann, Anna Martens, Sofie Krumland, Hanne Osterloh und Martha Rüther bei der Silberhochzeit von Grete und Karl Mehl, ca. 1960.
Heinz Willers hinter dem Tresen, ca. 1960.
Ende 1965 wurde der Lebensmittelladen als Teil-Selbstbedienungsladen eingerichtet. Dies war der erste dieser Art in der Gemeinde Wardenburg.
Im Jahr 1965 bauten sie eine neue vollautomatische Kegelbahn, die Gastwirtschaft sowie die Klubräume und der Saal wurden vollständig renoviert.
1967 erlebte man in Westerholt das Sängerfest: zum ersten Mal mit einem Festzelt auf Stövers Weide und singen unter Wellmanns Eichen. Zuvor hatte der Festplatz wegen Regen unter Wasser gestanden. Alle Westerholter mussten noch Sand fahren, damit man dann auf einen roten Teppich überhaupt zum Festzelt gelangen konnte. Der Höhepunkt der Veranstaltung sollte die bekannte Sängerin Renate Kern sein, die sich aber nach Westerholt in Ostfriesland verirrt hatte und dadurch entsprechend spät auf dem Fest in unserem Westerholt eintraf.
In Willers Gasthaus, 1964, v. l.: Gerd Oeltjebruns, Klaus Müller, Walter Schrader, Heinrich Behrens und Kurt Rippena.
Am 27. Juli 1969 wurden erstmalig die Gastwirtschaft und die Wohnung an Herta Rodiek und Harald Kurtzke verpachtet. Das Ladengeschäft wurde von Marlene und Heinz Willers weiter geführt.
Es begannen für das Lokal teilweise schlechte Zeiten. Schon im Herbst 1970 übernahmen Hiltrud und Herbert Brand aus Oldenburg die Gastwirtschaft. Neue Geschäftsideen wurden benötigt. Familie Brand veranstaltete als erste in dieser Gegend Disco-Abende mit einem DJ (Discjockey). Mittwochs, freitags und samstags wurde für die Jugendlichen der Saal geöffnet und es war richtig was los. Bis 1975 hat Familie Brand die Gaststätte gepachtet.
Am 13.11.1972 wurde das Gebäude, vor allem das Dach, von einem gewaltigen Sturm erheblich beschädigt.
Ende des Jahres 1972 wurde der Laden an der Ammerländer Straße 71 in ein neues Gebäude verlegt, der alte Laden und die Lagerräume wurden verpachtet. Im neuen Laden wurde ein SB Markt mit allem, was auf dem Land benötigt wurde, von Heinz Willers eröffnet.
Im September 1973 gründeten Westerholter Einwohner den Bürgerverein Westerholt e.V., der die Gaststätte als Vereinslokal bestimmte.
Nach kurzem Gastspiel (Dezember 1975 bis Mai 1976) von Rainer Deuling und Frau übernahmen Daniela Arndt und Ralf Quick 1976 die Gastwirtschaft.
Ab dem 1. Juli 1979 bis 1985 führten dann Ursel und Walter Lehmkuhl die Gaststätte.
Im Juni 1980 feierte der Gesangverein „Sängerrunde Westerholt“ sein siebzigjähriges Bestehen. Zu der Zeit waren fünfzehn Kegelvereine regelmäßig im Haus. Die Junggesellen hielten ihre Versammlungen ab, die Jäger nahmen nach ihren Jagdtagen einen kleinen Umtrunk, der Gesangverein „Sängerrunde“ übte fleißig und der Bürgerverein hielt seine Versammlungen und Besprechungen in den Räumlichkeiten ab.
Es folgte 1985 die Übergabe der Gastwirtschaft an Dagmar und Jürgen Meineke-Eidtmann, die bis zur Schließung 1991 die Gaststätte führten. Für die Kegelvereine blieb die Kegelbahn noch für ca. ein Jahr geöffnet.
Das Gasthaus Willers in Westerholt hat in all den Jahren vielen Menschen, Vereinen, Gesellschaften und Klubs von nah und fern frohe und gemütliche Stunden gewährt.
Das Gebäude wurde ab 1994 an verschiedene Firmen vermietet, bis schließlich im Februar 2007 das gesamte Objekt an Herrn Hannes Brand verkauft wurde. Er hat das Haus komplett renoviert, einen Teilbereich vermietet und sein Baugeschäft hier untergebracht.
Damit war das Ende dieses Gasthauses in Westerholt besiegelt.